Werkzeug aus Elfenbein Sonderausstellung

Forschende sprechen vom „Zeitalter des Mammutelfenbeins“

Große Epochen der Menschheitsgeschichte tragen ihre Namen aufgrund in dieser Zeit vorherrschender Materialien: Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit. Jetzt sprechen Tübinger Archäologinnen und Archäologen vom „Zeitalter des Mammutelfenbeins“ und meinen damit jene Zeit, als vor 40.000 Jahren die ersten anatomisch modernen Menschen auf der Schwäbischen Alb ankamen. Anlass sind große Gerätschaften, die im UNESCO-Welterbegebiet „Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb“ geborgen wurden. Mit einer Länge von 24,7 Zentimetern, einem Maximalumfang von 10,4 Zentimetern und einem Gewicht von 168 Gramm haben sie nun das bislang größte rundum formbearbeitete Elfenbeingerät aus dem Hohle Fels, nahe Schelklingen, geborgen. Das Team um Professor Nicholas Conard vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen deutet das Objekt als ein großes Werkzeug unbekannter Funktion, das in einen Meißel umgearbeitet worden war. „Der Fund ist datiert auf 39.000 Jahren vor heute und entspricht einem bedeutenden Beleg für die ungewöhnlich häufige und vielfältige Nutzung von Mammutelfenbein bei den ersten modernen Menschen im Oberen Donauraum“, sagte Professor Conard bei der Präsentation des Stücks als „Fund des Jahres“. 

Fundsituation des Elfenbeinwerkzeuges, Hohle Fels, Quadrat 111 und 112, Befund 16 Foto: Alexander Janas, Universität Tübingen 
Mammutelfenbeinmeißel - Umzeichnung: R. Ehmann, Universität Tübingen 
Adresse
Urgeschichtliches Museum Blaubeuren
Kirchplatz 10
89143 Blaubeuren
Öffnungszeiten
Dienstag bis Freitag 10 bis 12 Uhr
Samstag + Sonntag 11 bis 16 Uhr
Montag geschlossen

An Feiertagen wie auch in den Ferien (Dienstag bis Sonntag) ist das Museum von 11 bis 16 Uhr geöffnet.

An Feiertagen, die auf einen Montag fallen, ist das Museum geöffnet. 24. bis 26. Dezember, Silvester, Neujahr und Karfreitag geschlossen.

Eintrittspreise
Regulär 7 €
Kinder 7 bis 17 Jahre 3 €
Ermäßigt 5 €
Gruppen ab 12 P. 5 € p.P.
Schulklasse 2 € p.P.
Familie/Single-Familie 15 € / 9 €

Schon bei Grabungen im Jahr 2019 waren drei Elfenbeinmeißel mit einer Länge zwischen 14 und 22 Zentimetern aus dem Hohle Fels geborgen worden. Der Frage, wie und wozu die Meißel gefertigt und genutzt wurden, ist Dr. Sibylle Wolf, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am SHEP, gemeinsam mit einem Archäologieteam experimentell und analytisch nachgegangen: Vor dem Schnitzen von Kunst- oder Schmuckobjekten mussten die Menschen kleinere Elfenbeinstücke aus dem Stoßzahn eines Mammuts gewinnen und häufig auch spalten – das ist mit keilförmigen Elfenbeinwerkzeugen sehr gut möglich. „Dieser Werkstoff ist hart und flexibel genug“, erklärt Wolf. Solche Elfenbeinmeißel nutzten sich jedoch im handwerklichen Gebrauch rasch ab. Die Werkzeuge waren wahrscheinlich nicht über lange Zeiträume in Gebrauch, sie wurden aber aufwendig gefertigt oder nach Bedarf umgearbeitet, erläutert Wolf weiter, „das zeichnet die Menschen auf der Schwäbischen Alb zu dieser Zeit aus: Sie verfügten hier über eine immense Menge an Elfenbein, sie hatten eine klare Vorstellung davon, was sie daraus herstellen wollten, sie hatten die manuellen Fähigkeiten dazu − und sie haben das geradezu exzessiv genutzt für Werkzeuge und Waffen, für figurative Kunst und Musikinstrumente sowie für persönliche Schmuckstücke.“

„Der Fund fügt sich perfekt in unsere Präsentation des Anbeginns menschlichen Kulturschaffens ein“, meint Dr. Stefanie Kölbl, geschäftsführende Direktorin im urmu, „wir staunen hier etwa darüber, dass die Menschen damals gut hundert Stunden in die Fertigung einer Mammutelfenbeinflöte investiert haben müssen. Der diesjährige Fund des Jahres macht diese geistige und handwerkliche Leistung aber noch beeindruckender: Denn er führt uns vor Augen, dass vorab für die Herstellung oder Aufbereitung der dafür notwendigen Werkzeuge sicher mindestens ebenfalls so viel Arbeit aufgewendet werden musste.“