Tierfigur aus dem Hohle Fels
Bei Ausgrabungen in der Welterbe-Höhle Hohle Fels auf der Schwäbischen Alb nahe Schelklingen haben Archäologen ein Fragment einer sorgfältig geschnitzten Elfenbeinfigurine geborgen, das einem der bekanntesten Eiszeitkunstwerke ein neues Äußeres verleiht: Das Figurenfragment hat sich als Stück eines Körpers entpuppt, das perfekt an einen bereits vor mehr als 20 Jahren gefundenen Tierfigurenkopf passt. Der 1999 geborgene Kopf war als erste im Hohle Fels gefundene Elfenbeinfigurine berühmt geworden und bislang als Teil einer Pferdefigur interpretiert worden.
Diese Bewertung stellt das Team von Professor Nicholas Conard aus der Abteilung Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen nun in Frage: „Wir können die dargestellte Tierart immer noch nicht sicher bestimmen, aber es könnte ein Höhlenlöwe oder ein Höhlenbär sein“, sagte Professor Conard. Er selbst hält das Kunstwerk aus der jüngeren Altsteinzeit für eine Bärenfigur: „Die Figurine hat nun einen massigen Körper, zeigt den typisch ausgeprägten Bärenbuckel in Schulterhöhe und präsentiert sich in einer Körperhaltung, die den trottenden Gang eines Bären nachahmen könnte.“ Es gebe aber auch Kollegen, die der Figur anatomische und physiognomische Eigenschaften eines Höhlenlöwen zuschrieben, räumt Professor Conard ein: „Es ist keineswegs immer einfach, eiszeitliche Darstellungen verbindlich zu bestimmen, besonders wenn sie so bruchstückhaft erhalten sind. Daher bleibt es sinnvoll, in den kommenden Jahren besonders aufmerksam nach den fehlenden Teilen dieses Tiers zu suchen.“
Die Tierfigur ist mittlerweile aus fünf Fundfragmenten zusammengesetzt, die in unterschiedlichen Grabungsjahren geborgen wurden: Auf den 1999 gefundenen Kopf, der im Halsbereich abgebrochen war, konnte kurz darauf unter den Elfenbeinfunden ein kleines Stück der Backe identifiziert und angepasst werden. So wurde der Fund gut zwanzig Jahre lang im Urgeschichtlichen Museum in Blaubeuren ausgestellt.
Das neue Fragment
Der aktuelle Elfenbeinfund, der 3,99 Zentimeter lang, 2,49 Zentimeter hoch und 0,55 Zentimeter dick ist und auf einer Seite mit mehreren feinen, bewusst gravierten Linienmustern versehen ist, wurde kurz nach der Ausgrabung als rechte Schulter und Brustkorb des Tieres erkannt und angefügt. Dies ließ die Forscher unter den zahlreichen Elfenbeinfunden aus dem Hohle Fels nach weiteren Teilen der Figurine suchen. Mit Erfolg: Ein weiterer kleiner Teil der rechten Körperseite konnte anhand seiner Gravuren ausfindig gemacht werden. Dieser kleine, an die Figur angesetzte Rumpfteil trägt wie die anderen Stücke sehr feine Linien in der gleichen Ausführung, die eindeutig beweisen, dass die Zusammensetzungen stimmig sind. Sehr wahrscheinlich gehört überdies noch ein weiteres Fragment zu der Figur: Es könnte ein Teil des linken Vorderbeines sein, welches aber nicht mit dem restlichen Körper unmittelbar verbunden werden kann.
Die ergänzte Elfenbeinfigurine ist jetzt dauerhaft im URMU ausgestellt.